Keine Intensivstation für Ungeimpfte?

Verweigerung von Hilfeleistung?

Auf FOKUS-online findet sich am 19.12.2020 folgende Meldung:

07.14 Uhr: Mit einem drastischen Vorschlag hat sich ein Mitglied des Ethikrats an Impfverweigerer in der Gesellschaft gewendet. „Wer partout das Impfen verweigern will, der sollte, bitte schön, auch ständig ein Dokument bei sich tragen mit der Aufschrift: ‚Ich will nicht geimpft werden! Ich will den Schutz vor der Krankheit anderen überlassen! Ich will, wenn ich krank werde, mein Intensivbett und mein Beatmungsgerät anderen überlassen’“, zitierte die „Bild“-Zeitung aus einem Brief des Humangenetikers Wolfram Henn an Impfverweigerer.

Wolfram Henn, Mitglied des Ethikrates.

Ethikrat Wolfram Henn, Mitglied des Ethikrates.

In dem Brief fordert Henn, „das Feld nicht den Querdenkern und Impfgegnern zu überlassen.“ Es gebe zwar noch viele Impfgegner, auch wegen möglicher offener Fragen: „Das ist verständlich. Aber: Bitte stellen Sie diese Fragen an Menschen, die sich wirklich auskennen.“

Den Impfverweigerern empfiehlt Henn in dem Brief demnach einen Besuch im Krankenhaus: „Diesen Panikmachern empfehle ich dringend, mal ins nächste Krankenhaus zu gehen und ihre Verschwörungstheorien den Ärzten und Pflegern zu präsentieren, die gerade völlig ausgepowert von der überfüllten Intensivstation kommen. Die werden Ihnen was husten“, zitiert die „Bild“-Zeitung weiter aus dem Brief.

Wer sich dann immer noch nicht impfen lassen wolle, müsse sich laut Henn gegenüber „dem Kneipier an der Ecke, der den Lockdown endlich hinter sich lassen will“, den „Eltern, deren Kinder zu Hause bleiben müssen“ oder „Kurzarbeitern und Arbeitslosen“ verantworten, so Henn.“ 

Auf diese Meldung hin schrieb ich Herrn Prof. Dr. Henn per Email an:

Herr Prof. Henn,

darf ich Sie fragen, ob Sie in dem FOKUS-Artikel mit Ihrer Empfehlung an sog. „Impfverweigerer“ korrekt zitiert sind?

Da ich davon ausgehe, dass dies eher zutrifft, meine Frage an Sie:

Welchen Begriff von „Ethik“ haben Sie eigentlich?

Wohin wird das führen, wenn Menschen wie Sie weiter über ethische Fragen in der Medizin zu entscheiden haben?

Werden Sie demnächst dafür plädieren, dass die unterschiedlichsten Problemgruppen diverse Zettel mit sich führen:

Konsumenten von Alkohol, Nikotin oder sonstigen Drogen bzw. Übergewichtige: „Ich lebe ungesund. Bitte im Falle eines Herzinfarkts keine Reanimation durchführen. Sparen Sie Ihre medizinische Kompetenz für Menschen, die sie verdient haben.“

Menschen, die dazu neigen, Geschwindigkeitsvorschriften im Straßenverkehr zu übertreten: „Ich habe einen halsbrecherischen Fahrstil. Im Falle eines Autounfalls bitte alle Rettungsmaßnahmen unterlassen!“

Menschen, die Spaß daran haben, in den Bergen wandern zu gehen, aber womöglich nicht ausreichend angemessen gekleidet sind: „Ich pflege ein gefährliches Freizeitvergügen. Bei Absturz bitte keine Rettungsmaßnahmen einleiten!“

Sind Sie schon am überlegen, wie Sie solch eine Zettelwirtschaft noch ausdehnen können?

Wer bezahlt Sie dafür, dass Sie derart niveaulos und geradezu ekelerregend die allgemeine Panik-Show anheizen?

Klaus Schlagmann

Daraufhin erhielt ich von Herrn Prof. Dr. Henn eine vorformulierte Mail:

Sehr geehrte Verfasserinnen und Verfasser der zahlreichen – buchstäblich Hunderte – von Mails an mich, die teils lobend, teils – auch massiv – kritisch sind:

Bitte sehen Sie mir nach, dass ich nicht alle individuell beantworten kann, als klinisch tätiger Arzt mit haupsächlich onkologischen Patientinnen und Patienten erlebe ich seit Monaten das Elend der Pandemie bis an meine eigene Belastungsgrenze.

Die Mehrzahl der kritischen Mails geht offenbar von einem Missverständnis oder gelesenen falschen Fremdzitaten aus, deshalb lassen Sie mich klarstellen: Ich habe mich selbstverständlich NICHT für irgendeine Form von Behandlungsverweigerung gegenüber wem auch immer ausgesprochen und würde das auch niemals tun! Der Anspruch auf medizinische Behandlung ist seinem Wesen nach voraussetzungslos, auch wenn die Krankheit durch anderes Verhalten (z. B. Tabakverzicht, aber auch Geimpftwerden) vermeidbar gewesen wäre. Das steht doch völlig außer Frage.

Es geht mir in meiner heutigen persönlichen Zuspitzung der Ethikrats-Formulierung einer „moralischen Impflicht“ um die Aufforderung an Menschen, die sich ohne tragfähige individuelle Gründe der Solidarität in der Überwindung der Pandemie entziehen wollen, diesen Gedanken auch konsequent zuende zu führen. Dass eine solche auf freiem Willen basierende, hypothetische Patientenverfügung wohl kaum von irgendjemandem real verfasst und schon gar nicht im Krankheitsfalle eingesetzt würde, ist doch vollkommen klar; dieses Argument diente mir nur dazu, die moralische Inkonsistenz von Solidaritätsverweigerung ohne Angebote von Alternativen offenzulegen.

Alles Gute, bleiben Sie gesund

Wolfram Henn

Inzwischen hat Herr Henn wohl noch jede Menge andere Interviews gegeben. Mit dem WDR hat sich folgendes Gespräch ergeben:

Keine Corona-Notfallbehandlung für Impfverweigerer?

Der Medizinethiker Wolfram Henn wendet sich mit drastischen Worten an Corona-Impfverweigerer: Sie sollen schriftlich auf eine Intensivbehandlung verzichten. Uns erklärt er, was Henn mit seinem Aufruf bezweckt.

Der Humangenetiker und Medizinethiker Wolfram Henn ist Mitglied im Deutschen Ethikrat. Er provoziert in einem Gastkommentar für die „Bild“-Zeitung am Samstag (19.12.2020) die Skeptiker einer Corona-Impfung: Sie sollen schriftlich festhalten, dass sie im Notfall keine Behandlung wollen, schreibt er. Wir haben mit ihm gesprochen.

WDR: Sie fordern, Corona-Impfverweigerer sollten ein Dokument bei sich tragen mit dem Inhalt:

„Ich will, wenn ich krank werde, mein Intensivbett und mein Beatmungsgerät anderen überlassen.“

Warum haben Sie das so drastisch formuliert?

Wolfram Henn: Zunächst will ich provozieren und im guten Sinne zum Nachdenken anregen. Ich habe auch nicht gefordert, dass die Leute auf eine Behandlung verzichten sollen. Sie sollen sich vielmehr hinsetzen und eine Patientenverfügung, die ja jederzeit mündlich widerrufbar ist, aufstellen und damit zu Ende denken, was die Konsequenzen ihres Handelns wären.

Dass am Ende im Notfall niemand auf eine Behandlung verzichten wird, ist doch vollkommen klar. Es geht darum, dass Menschen, die ganz schnell ganz kritisch sind und sagen, wogegen sie sind, doch sagen sollen, wofür sie stattdessen sind. Und wenn sie sich gegen etwas wenden, dann sollen sie die Konsequenzen ihres Handelns wirklich bis zum Ende durchdenken.

WDR: Was sagen Sie Menschen, denen es unheimlich ist, dass die Corona-Impfstoffe so schnell entwickelt wurden?

Henn: Die Schnelligkeit ist nicht auf Kosten der Qualität und Sicherheit gegangen. Die Schnelligkeit war zum einen durch administrative Beschleunigung in den Zulassungsverfahren möglich und zum anderen dadurch, dass mit riesigem – auch staatlich geförderten – Aufwand das Tempo beschleunigt worden ist.

Wenn man 40.000 Testpersonen braucht, dann kann man, wenn kein Zeitdruck besteht, 4.000 pro Jahr impfen. Dann braucht man zehn Jahre. Oder – so ist es hier geschehen – 40.000 innerhalb eines halben Jahres. Da wurde nicht an der Qualität gespart.

WDR: Einige Skeptiker haben Angst, dass ein RNA-Impfstoff – wie der von Biontech und Pfizer– Einfluss auf das eigene Erbgut hat. Was sagen Sie dazu?

Henn: Das ist schlicht sachlich falsch. Dafür gibt es überhaupt gar keinen biologischen Mechanismus. Ich selber werde mich sobald wie möglich impfen lassen. Und ich kenne keinen Genetiker, der das anders sieht.

Wenn ich die Wahl habe zwischen einem RNA-Impfstoff und einem konventionellen Impfstoff – den wird es ja auch bald geben –, dann werde ich persönlich den RNA-Impfstoff nehmen.

Das Interview führte Christina Höwelhans.

Effekt dieser ganzen Kampagne ist nun auf jeden Fall, dass einmal mehr ein großes Forum eröffnet ist, in dem diejenigen, die ein kritikloses Sich-Impfen-Lassen propagieren, sich breit in Szene setzen: Der Impfstoff sei ausreichend sicher, genügend getestet – und Herr Prof. Henn wird auf jeden Fall den RNA-Impfstoff bevorzugen.

Ob Herr Prof. Dr. Henn wirklich so bescheuert sein wird, sich diesen unerprobten Mist in den Arm oder sonstwohin jagen zu lassen, das werden wir alle nicht wirklich beurteilen können.

Es erinnert ein wenig an die Werbekampagnen, die Edward Bernays, der skrupellose Neffe des skrupellosen Sigmund Freud (https://oedipus-online.de) angezettelt hat: Im Auftrag eines Schinkenfabrikanten verschickte er Fragebögen an Ärzte. Darin wurde manipulativ suggeriert, dass gebackener Schinken ein gesundes, herzhaftes Frühstück sei. Die entsprechenden „Umfrageergebnisse“ wurden publiziert. Der Schinkenkonsum ging danach in die Höhe. Ebenso das Durchschnittsgewicht der AmerikanerInnen.

Auf ähnliche Weise brachte Bernays Ärzte dazu, sich zu einem Konsum von Lucky-Strike Zigaretten zu bekennen. Damit wurde quasi unterstellt, dass der Konsum von Lucky-Strike geradezu förderlich für die Gesundheit sei. Die Umfrageergebnisse wurden publiziert – der Umsatz von Lucky-Strike stieg an. Ebenso die Zahl der Lungenkrebserkrankungen.

Deshalb: Wir wissen nicht, was Ihre jeweiligen Hausärzte empfehlen. Herr Prof. Dr. Henn empfiehlt Ihnen jedenfalls die RNA-Impfung. So hatten seine Kollegen schon zuvor den gebratenen Schinken als „herzhaftes Frühstück“ empfohlen – mit Folgen für die durchschnittliche Fettleibigkeit. Henns Kollegen hatten auch schon die Lucky-Strike als Zutat für einen besonders gesunden, tiefen Atemzug empfohlen – mit Folgen für die Ausbreitung von Lungenkrebs.

Sieh mir fest in die Augen! Vertraue mir!